Anfliegen 2005 (Lokve 20.-25.3.)
"Thermik vor Karfreit"
In diesem Jahr war
unser Anfliegen zwar wieder traditionell in Slovenien, aber zwei Wochen
später als gewohnt angesetzt - der wegen des frühen
Osterfestes auch frühen Osterferien wegen, um auch mal
André (jüngster und gleichzeitig ältester Sproß
der Verbindung von Thomas und Anschi) die Teilnahme zu ermöglichen.
Dem Ferienbeginn mußten wir durch übermäßig
häufiges Benutzen von Bremspedal und 1.Gang auf Europas
Eilmarschwegen Tribut zollen, so daß erst spät am Abend die
letzten Kämpfer die Herberge in Lokve erreichten. Mit Rainer,
Lutz, Alois und Alex waren 4 fremdländische Ritter angereist,
bereit zu Abenteuern in unbekannten Fluggefilden und abendlichen
Gelagen mit neuen Freunden.
Gleich am
nächsten Tag versöhnte uns jedoch Petrus mit gutem
Flugwetter. Wir inspizierten die Rampe und fanden sie in leidlichem
Zustand vor. Da wir im Vorjahr das Unterholz rigoros niedergemacht
hatten, gab es da auch nur wenig Arbeit und wir konnten nach dem
üblichen Ritual des ersten Aufbaus im Jahr die ersten
Ausflüge riskieren. Unsere Paraplaneristen hatten ebenfalls gute
Flüge mit Thermikanschluß. Lediglich Volker zog es wie
gewohnt rasch wieder in die Fittiche seiner Christine. Abends konnte
man beim Abendmahl in der Herberge wählen zwischen dem
Standardmenü aus den ganz großen Töpfen und den
Spezialitäten des Hauses. Unter letzteren wurden meist
Überreste von achtarmigen Meeresbewohnern bevorzugt sowie
geröstete Vertreter aus dem Reich der Salmoniden.
Da wir in diesem
Jahr recht spät unseren Anflug terminiert hatten und
außerdem Frau Holle sich bezüglich ihrer Hauptaufgaben noch
vom vorigen Jahr erholen mußte, konnten wir auch vom Kobala bei
Tolmin fliegen. Das Hauptproblem ist die Auffahrt wegen der latenten
Möglichkeiten, dort Hufnägel in die Reifen einzufahren und in
Schneewehen stecken zu bleiben. Da Uwe die eckige Fahrweise des
Trainers abhold ist, bat er um die Überlassung von
Zügel und Bremse von des Trainers nagelneuer Kalesche, die auf den
zutreffenden Namen "Emil" getauft wurde. Uwe ließ bei der
Auffahrt die Zügel ganz locker und strafte die Bremsen mit
völliger Mißachtung. Ecken und Kanten der schlängeligen
Auffahrt wurden maximal abgerundet. Leider ergab es sich, daß
mitten beim schönsten Kurvenrunden ein Eingeborener mit ebenfalls
recht losen Zügeln unseren Kurs in antiparalleler Richtung zu
durchmessen trachtete. Uwe legte eine scharfe Ecke in Emils
Trajektorie, riß am Zügel, daß er sich laut
aufbäumte und eigentlich den steilen Abhang runterzukullern bereit
war.
Warum Emil es dann doch nicht tat, obwohl ihn des Gegners Wagen einen
heftigen und schmerzhaften Tritt in die Weichteile versetzte, bleibt
sein Geheimnis. Nach dem ersten Schreck wurden die Wunden geleckt
und die schwarzen Spuren auf der Fahrbahn gedeutet. Die ließen
Uwes Fahrkünste in einem derart schlechten Licht erscheinen,
daß wir froh waren, dem Eingeborenen ungeschoren entkommen zu
können. Oben auf dem Berg vermißte man dann des Trainers
übliche Geschwätzigkeit beim Aufbau des Drachens...
Ein schöner zweistündiger Flug tröstete ihn dennoch
etwas über den Vorfall hinweg, wir konnten bis Kobarid fliegen und
auch einen Blick ins Tal von Dresnica werfen, dem Ort früherer
Ausritte ins Hinterland der Slovenen.
Unweit unseres
Hauptfluggebietes am Lijak befindet sich ein weiterer Startplatz, nur
durch ein schmales Tal getrennt. Auf der Hochebene des Kovk, unten im
Tal die kleine Stadt Aijdovcina, können sich sowohl
Paraplaneristen als auch Deltapiloten in trauter Nachbarschaft in die
Luft erheben. Am Dienstag war jedoch schlechtes Wetter
prognostiziert, die Wolken senkten sich während des Aufbauens, Uli
signalisierte vom Lijak her bereits erste Niederschläge, als wir
mit dem Starten begannen. Letzter in der Reihe war Konrad, der wie
gewohnt seine Gefährten in den Luftraum entläßt, um sie
dabei in digitaler Form für die Ewigkeit auf Videoband oder
Chipkarte zu speichern. Da war aber der Flügel seines neuen
Greifvogels bereits völlig durchnäßt, was unabsehbare
Gefährdungen herauf beschwor. Also klappte der Trainer den
Vogel wieder zusammen und freute sich, daß sich alsbald
Lutz als Helfer einstellte, um ihn wieder zum Emil zu tragen.
So verflossen die
Tage so, wie Perlen an einer Schnur durch die Finger gleiten.
Tagsüber wurde geflogen, abends die trockene Höhenluft mit
reichlich Bier und Wein heruntergespült. Dazu gab es historische
Videos aus vergangenen Epochen unseres Vereinslebens. Nach 5 Tagen mit
Flugwetter legte Petrus dann wieder sein Gesicht in griesgrämige
Falten und zog seine feuchten Trauerkleider an. Pünktlich zu
Karfreitag fuhren wir im Regen über Kobarid (zu deutsch
"Karfreit") wieder nach Norden, heimischen Gefilden entgegen.