Dolomitenausflug
2006 (Vigo di Fassa 20.-24.9.)
"In der Gleitschirmsuppe"
Eigentlich wollten wir
schon ein paar Tage früher anreisen, doch ein ausgedehntes
Genua-Tief
verdarb uns den Einstieg in den Saisonausklang zunächst. Da sich
das
Tief aber dann doch rascher als erwartet verabschiedete, gelang doch
noch das diesjährige Abfliegen. Die bereits abgesagte
Ferienwohnung in
Vigo war noch frei und wir (Alois, Rainer und Konrad, genannt "Trainer") buchten kurzfristig
für eine halbe
Woche. Alois war schon
am Dienstag angereist, übernachtete im Auto und flog schon an der
Rodella, als Rainer und Konrad noch das Lenkrad bedienten.
Leider verstauchte er sich bei der Landung den Daumen. Eis aus dem
Gefrierfach spendete lindernde Kühlung, während uns Alois von seinem Flug
schwärmte.
Rainer tropfte der Zahn, bei seinem
dritten Dolo-Trip wollte er auch endlich mal in der Thermik aufdrehen.
Bislang hatte es bei ihm stets nur für Abgleiter gereicht. Am
nächsten
Tag war es aber schon soweit. Auf der Rodella-Spitze war ein
Riesengedränge von Gleitschirmpiloten. So viele hatten wir da noch
nie
gesehen. Zum Glück war die Thermik zwar spät in die
Gänge gekommen,
dann aber verläßlich. Allerdings mußten wir zuerst
lange im Hausbart
kämpfen, um eine Inversionsschicht zu durchbohren. Irgendwann
bekamen
wir dann doch eine heiße Blase ab, die durchzog und erst einmal
oben
war es dann ganz easy.
Der Trainer hatte immer gleich zwei
"Vogelhäuschen" an seinem Drachen montiert, an der Basis die
Videokamera und am Kielrohr den Fotoapparat und mußte aufpassen,
sich
von den künstlerischen Ambitionen nebst Bedienung der Technik
nicht zu
sehr ablenken zu lassen von der Beobachtung des Luftraumes. Der war
nämlich extrem dicht bevölkert von den knochenlosen
Brüdern unserer
Zunft. Besonders über der Col Rodella hing stets ein ganzer
Schwarm. Rainer flog sofort
weg davon,
stattete dem Langkofel einen Besuch ab und flog dann gleich weiter zur
Sella und noch zur Marmolada. Ganz drüber konnte man nicht
fliegen,
weil die Wolkenbasis nur etwa 3000m hoch war und der Gipfel mit seinem
Gletscher in der Wolke steckte wie die Eiskugel im Sahnehäubchen.
Bei
der Landung kam man sich vor wie auf dem Frankfurter Flughafen. Es
waren ständig mehrere Piloten gleichzeitig im Endanflug. Beim Trainer waren es gleichzeitig 5
Schirme, die sich vor ihm postierten. Auch Alois bekam Probleme mit der
Schirmdichte und rammte fast einen Pfahl der Hochspannungsleitung, die
am Rande des Landefeldes verläuft. Als wir alle glücklich
unten
standen, war es sehr kurzweilig, den Landeübungen der anderen
Piloten
zuzuschauen. Abends gingen wir in die "Grotte" in Vigo und verzehrten
riesige Pizza, angereichert mit speziell bestelltem Knoblauch.
Nachdem die Inversion
sich über Nacht erheblich abgesenkt hatte, wurde es am Freitag
richtig
zäh. Unterhalb der Inversion, also 500m unter Startplatzniveau
konnten
sich einige Schirme halten, die meisten landeten nach kurzer Zeit und
fuhren gleich wieder hoch. Mit den Startbedingungen war es auch nicht
besonders gut bestellt. Der Startwind fehlte einfach. Gute Karten
hatte, wer gar nicht fliegen wollte. Die Sonne lachte aus vollem Halse
und gut war beraten, wer die Sonnencreme rechtzeitig aus dem Gurtzeug
auspackte. Gegen 15Uhr hatten wir die Warterei satt und nutzten die
dann doch einsetzenden leichten Luftbewegungen zum Start.
Vergleichsweise
ruhig ging es dann am Landeplatz zu. Da die Piloten in
etwa der gleichen Reihenfolge unten einlandeten wie sie oben starteten,
gab es kaum Häufungen. Die gewonnene Zeit am Nachmittag
verbrachten wir
beim Schlürfen von Cappuccino in Campitello am Eingang zum
Duron-Tal.
Abends gab es Selbstgekochtes von Alois. Versprochen war
Bauernfrühstück. Man sollte Alois' Stärken woanders
suchen....
Mit
einem Wandertag ins Duron-Tal wurde es aber in diesem Jahr nichts, denn
am
Samstag war die Thermik wieder da. Zwar gab es morgens noch
geschlossene Wolken, aber die Sonne blinzelte sich bald Löcher
hinein
und wir fuhren wieder auf den Berg. Wir erwarteten noch mehr Betrieb
als sonst und wurden nicht enttäuscht. Die Kabine der Seilbahn war
wirklich bei jeder Auffahrt rappelvoll. Wer weiß, wie groß
die ist (wie
ein Eisenbahnwaggon!) kann sich vorstellen, wieviel Volk sich auf dem
Berg versammelte. Alois übte sich in Masochismus,schulterte seinen
Orbiter und machte sich auf den Weg zur Gleitschirmstartstelle. Rainer
und mir reichten die Gleitis am Drachenstartplatz aus. Da die Thermik
früher einsetzte, gab es regen Betrieb und die Warteschlangen
bewegten
sich aktiv vorwärts. Wir starteten am Nordhang, wo uns Gideon in
früheren Jahren mit seinen Sprintstarts beeindruckt hatte. Kurz
etwas
aufdrehen und dann gleich weg von hier aus der Gleitschirmsuppe und
rüber zur Sella. Da konnte man ganz dicht an den senkrechten
Felswänden
entlang fliegen und sich dabei von der warmen Luft nach oben tragen
lassen. Immer mal einen Bogen um einen Gleitschirm schlagen, es gab
regen Gegenverkehr in jeder Flugfläche. Ein paar rote Tupfer in
der
Felswand - Blumen? Ich flog näher ran: Klettermaxe klebten dort am
senkrechten Fels! Ein ganz langer Flug wurde es allerdings nicht, die
Thermik war recht schwach und oft turbulent. Glücklich gelandet
beschlossen wir wieder ein professionell hergestelltes Abendessen in
"La Grotta" einzunehmen.
Am Sonntag
beäugten
wir den Morgenhimmel sehr kritisch. Noch ein Flugtag und dann
Nachtfahrt in die Heimat? So schwer wie die Wolken wogen, so gering
befanden wir dann die Aussichten auf eine wesentliche Bereicherung
unserer Flugtagebücher und beschlossen Bergfahrt rauf und runter
ohne
Drachen. Nach Kofferpacken und Schlüsselabgabe rauf zum
Rosengarten und
rein in die Wolke vor der Kölner Hütte. An der Drachenrampe
waren wir
auch die einzigen Drachenflieger. Das Ende der Rampe konnte man noch
leidlich gut erkennen, viel weiter reichte die Flugsicht aber heute
nicht. Der Apfelstrudel in der Hütte war allerdings extreme
Spitze. Bis
zum Alpenhauptkamm wurden wegen des Südstaus die Wolken immer
dichter,
um dann wie abgeschnitten blitzblauem Himmel Platz zu machen. Die
Föhnmauer sah nicht nur aus wie im Bilderbuch, der Föhnsturm
im Rücken
ersparte eine Menge Dieselöl und sorgte für heiße
Bremsbeläge.
Schwitzend wurden die Warntafeln abmontiert, Das wars dann wieder
einmal.
Konrad